Mirko Tobias Schäfer / Assistant Professor
University of Utrecht Department for Media and Culture Studies

Spielen jenseits der    
Gebrauchsanweisung

Computer sind universelle Maschinen und Software ist aufgrund ihrer Eigenschaft immer kopier- und veränderbar. Das hat Folgen für alle software-basierten Produkte; Sie können durch Verbraucher verändert und persönlichen Bedürfnissen angepasst werden. Eine Microsoft Xbox wird ein Linux-Computer, ein Nintendo Gameboy wird zum Musikinstrument und als Werkzeug für DJs verwendet, und Sonys Roboterhund Aibo lernt tanzen. Jenseits der spielerischen Aspekte der Produktmodifikation zeigt sich hier eine kulturelle Praxis, die von entscheidender Bedeutung für die Reorganisation der Kulturindustrie im Zeitalter der Digitalisierung ist. Die Kollektivarbeit der User führt zu sozialen und technologischen Entwicklungen, durch die monodirektionale Produktionsstrukturen aufgelöst werden. Das komplexe Zusammenspiel von User-Gemeinschaften und Unternehmen in der Entwicklung und Weiterentwicklung, sowie in der Distribution von softwarebasierten Produkten bezeichne ich im Folgenden als erweiterte Kulturindustrie. Dieser Artikel formuliert die Hypothese, dass die Modifikation von elektronischen Konsumgütern Teil einer kulturellen Handlungsweise ist, die sich mit der Verbreitung von Internet und Computertechnologie etabliert hat. Diese geht letztendlich weit über die Bearbeitung bestehender Produkte hinaus und betrifft unmittelbar die Produktionsmittel und Vertriebsstrukturen.

Computer-Subkulturen in den 80er Jahren

Mit der massenhaften Verbreitung von Computertechnologien seit den 80er Jahren verfügen die Verbraucher über Maschinen, denen schon die Möglichkeit zur Modifikation als inhärenter Aspekt der Technologie integriert ist. Die ersten Heimcomputer waren bereits universelle Turing Maschinen, die nicht zur Exekution einer bestimmten Aufgabe geschaffen waren, sondern jede Aufgabe erfüllen konnten, die als Algorithmus formuliert wurde. Mit der Markteinführung der ersten Homecomputer, wie z. B. dem Commodore 64 im Jahr 1982, hatten die meist jugendlichen Anwender die Möglichkeit technologisches Wissen außerhalb der etablierten Institutionen von Forschung und Lehre zu generieren. Sie entwickelten mit der relativ leicht zu erlernenden Programmiersprache BASIC (Beginner’s All-purpose Symbolic Instruction Code) rasch eigene Programme für den Computer. Dieses hochtechnologische Wissen wurde in den entstehenden Computer-Subkulturen, wie der Warez- und der Hackerszene der 80er Jahre, geteilt und weiter entwickelt. Um beispielsweise Computerspiele kopieren zu können, war es notwendig den Kopierschutz zu entfernen. Dadurch entstand zusätzlicher freier Speicherplatz auf den Disketten, der zuvor von dem Kopierschutz belegt wurde. Auf diesen Freiraum konnten die Cracker nun ein selbstentwickeltes Programm schreiben, das anderen Usern mitteilen sollte, wer das Spiel gecrackt hatte. Diese Demos demonstrierten der Community die eigenen Programmierfähigkeiten und Respektbezeugungen gegenüber anderen Mitgliedern der Szene. Später löste sich die Programmierung der Demos vom illegalen Aspekt der Raubkopie und entwickelte sich zu einer eigenständigen Form kultureller Artikulation.[1] In Ermangelung von (bezahlbaren) Netzwerkverbindungen wurden Programme, Demos und Spiele in den 80er Jahren auf so genannten ›Copy Partys‹getauscht oder über den gewöhnlichen Postversand vertrieben. Innerhalb der Gemeinschaften von Computeranwendern wurden in dieser Zeit ästhetische Codes sowie kulturelle Werte und Normen geschaffen, die maßgeblich dazu beigetragen haben, unser gegenwärtiges Verständnis digitaler Kultur zu prägen.[2]
Die konstituierenden Faktoren der Kulturpraxis der Computer-Subkulturen der 80er Jahre können folgendermaßen zusammengefasst werden:

  • Der Computer ist eine universelle Maschine, die jeden Befehl ausführt, der als Algorithmus formuliert ist.
  • Software ist auf Modifikation und verlustfreie Kopie angelegt.
  • Soziale Netzwerke generieren und verteilen Wissen in einer technisch/organisatorischen Infrastruktur.

Für die kulturelle Produktion der heutigen User-Communities sind diese Faktoren noch immer von zentraler Bedeutung.

Faktoren: Computertechnologie und Software

Über Computernetzwerke entwickelte sich seit den 80er Jahren die weltweite Vernetzung von Usern, bis diese ihren Höhepunkt im ubiquitären Internet, dem WWW in den 90er Jahren fand. Computer und Internet bilden einen neuen Raum zur Produktion und Rezeption von Kultur. Der Funktionsumfang von Software und elektronischen Konsumgütern geht weit über die von Firmen geleisteten Produktdefinitionen hinaus. Zudem ist es praktisch unmöglich, Software fehlerfrei zu programmieren und alle Eventualitäten der Softwareverwendung zu definieren. Software und darauf basierende elektronische Konsumgüter sind in diesem Sinne instabil und unfertig und somit offen für Weiterentwicklung.
Hochkomplexe Vorgänge und repetitive Aufgaben können von Computern ausgeführt werden. Die Zusammenarbeit von Mensch und Computer macht neue Formen der Organisation komplexer Produktionsvorgänge, wie z. B. das parallele Programmieren möglich. Ein Source Code Repository erlaubt es zahlreichen Programmierern, auf der ganzen Welt zur gleichen Zeit am selben Programm zu arbeiten, ohne dass es zu verschiedenen Versionen des Programms kommt. Neben Applikationen, die ein paralleles Programmieren zahlreicher Entwickler an einem Programm ermöglichen, unterstüzt Computertechnologie beispielsweise die Suche nach Programmierfehlern, die in Online-Datenbanken verwaltet werden, regelt den Zugriff der Entwickler und Anwender auf die Datenbestände und organisiert die Kommunikation der Teilnehmer untereinander.[3]

Da Software-Entwicklung modular machbar ist, können auch komplexe Programme von vielen Programmierern entwickelt werden. Die Modularität erlaubt es auch, einzelne Programmteile in die unterschiedlichsten Programme zu integrieren und in immer neuen Zusammenhängen wiederzuverwenden. Damit ist Software ein Produktionsmittel das in seiner Struktur einer Sprache ähnelt und in seiner Wirkung mit Maschinen verglichen werden kann. Ausschlaggebend für die erweiterte Kulturindustrie ist die Vergesellschaftung dieses Produktionsmittels mit der Verbreitung der PCs und der Informations- und Kommunikationstechnologie seit den 80er Jahren.

Design durch Implementation

Im Zusammenhang mit Computernetzwerken schafft die Bildung von User-Communities, die ihre Kollektivarbeit innerhalb dieser Netzwerke organisieren und repräsentieren, neue Möglichkeiten der Produktion, die sich von den bisherigen Formen der Kulturproduktion deutlich unterscheiden. Im Gegensatz zu der bloßen Arbeit an den Produkten der Kulturindustrie greifen User-Communities in den Produktionsprozess selbst ein. Mit dem Internet nutzen sie zudem Distributionswege der kommerziellen Anbieter. Die erweiterte Kulturindustrie beschreibt die Produktivkraft der User-Gemeinschaften, die selber an der Produktion partizipieren und denen mit dem Internet eine effiziente und kostengünstige Vertriebsstruktur zur Verfügung steht. Die Modifikation elektronischer Konsumgüter wird wie auch die Programmierung von Software und die Produktion von Texten, wie Film, Musik und Bilder, außerhalb der Content-Industrien in kollektiven Arbeitsprozessen geleistet.[4] Der Designprozess wird von Pierre Lévy als ein Prozess der Implementation beschrieben. Diese gemeinsame Kulturleistung zahlreicher Teilnehmer bezeichnet Lévy als »kollektive Intelligenz«, die er auch als signifikantes Merkmal des digitalen Zeitalters definiert.[5] Ein softwarebasiertes Produkt ist also als ein ›Work in Progress‹ zu beschreiben. Im Moment seiner Markteinführung in die erweiterte Kulturindustrie tritt es in ein weiteres Entwicklungsstadium. Lévy bezeichnet dies als ein permanentes Kontinuum aus Lesen und Fortschreiben.[6]

Beispiel 1: Das Xbox Linux Projekt

Das Design von Microsofts Xbox entspricht mit seinem 733 Mhz Celeron Prozessor, einer Festplatte, Grafikkarte, Ethernetanschluß und einer schlanken Version von Windows 2000 einem gewöhnlichen PC. Die Hardware erlaubt allerdings nur die Ausführung von Microsoft-Software und beschränkt diesen Computer auf die Funktionen einer Spielkonsole. Das Xbox Linux Project hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Black Box zu hacken und mit dem vollen Funktionsumfang eines PC auszustatten.[7] Auf der Website des Projekts findet sich eine ausführliche ‚Bastelanleitung’, die Anwendern helfen soll, sich aus der Produktdefinition des Monopolisten zu befreien.[8] Neben der spielerischen Herausforderung, aus einer Spielkonsole von Microsoft einen Linux Computer zu machen, erfüllen die Teilnehmer des Projektes einen ideologischen Anspruch. Das Welcome-Slide der Xbox Linux Software zeigt deutlich, dass es neben einer technischen Leistung auch um die ideelle Rückeroberung der Anwenderautonomie geht.[9] Mit „Welcome to your box“ wird der Anwender begrüßt, und im weiteren wird ausgeführt, dass er mit Linux auf der Xbox erstmals besitzt, was er als Eigentümer eines Konsumgutes haben sollte, nämlich die Kontrolle über das von ihm bezahlte Produkt.[10] Das symbolische Kapital von Linux wird mit dem Hinweis präsentiert, dass man mit Linux an einer Welt teilnehmen kann, in der Ideen und Software frei sind (siehe Abb. 1.).

Beispiel 2: Aibohack.com

Im Jahr 1999 brachte Sony den Aibo auf den Markt, einen Roboterhund mit beschränkten Fähigkeiten zu lernen und eine ‚Persönlichkeit’ zu entwickeln. Der elektronische Hund ist ausgestattet mit einer Kamera, Tastsensoren, einem Memorystick, 16 MB RAM und einem 32-bit-Prozessor. Sony hatte sich um ein besonders familienfreundliches und politisch korrektes Erscheinungsbild bemüht. Angeblich kann der Hund seinen Kopf nur um 20° bewegen, weil die Entwickler besorgt waren, der Aibo könne für „Upskirt“ Fotografien verwendet werden.[11] Es stellte sich schnell heraus, dass die Käufer des kostspieligen Spielzeugs mehr als nur den durch Sony beschränkten Funktionsumfang erwarteten. Der Hacker Aibopet begann kleine Programme auf seiner Website zu veröffentlichen, die diesem Bedürfnis entgegenkamen. Mit Hilfe seines Programms DiskoAibo kann der Roboterhund tanzen lernen, mit der Bender-Software, imitiert Aibo den Roboter Bender aus der beliebten Fernsehserie FUTURAMA und mit den zahlreichen Software-Tools, wie AiboScope, Browser, Yart und AiboRemote, die Aibopet zusätzlich anbietet, ist es auch den technisch weniger versierten Anwendern möglich, ihren Aibo nach Wunsch zu konfigurieren und zu steuern. Seine Website Aibohack.com entwickelte sich zu einer beliebten Anlaufstelle, um neue Programme für die elektronischen Spielgefährten herunterzuladen oder um sich mit Fragen an den versierten Aibopet zu wenden. Community-Webseiten wie Aibo-life.org, Aiboworld.co.uk oder Aibosite.com dienen hingegen als Plattformen, auf denen sich die Besitzer von Aibos austauschen, sich gegenseitig auf themenverwandte Webseiten hinweisen und Diskussionen führen, wodurch die Gemeinschaften der Aibo-User konstituiert werden.
Nachdem Sony anfangs die Aktivitäten von Hacker Aibopet ignoriert hatte, mahnte ihn das Unternehmen 2001 mit Verweis auf den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) [12] ab und forderte ihn auf, den Downloadbereich seiner Webseite zu schließen.[13] Aibopet kam nach einem weiteren Schreiben durch Sony der Aufforderung nach und veröffentlichte den Brief zusammen mit einer Protestnote im Internet.[14] Die Usergruppen der erwähnten Aibowebseiten und Slashdot.org, das wichtigste Onlinemedium für technikbegeisterte Computer-User, verbreiteten die Nachricht, so dass sie innerhalb einer Woche von Printmedien wie der Los Angeles Times [15] und der New York Times [16], sowie von ZDnet [17], Telepolis [18], Heise News [19], Wired [20], New Scientist.com und anderen aufgenommen und besprochen wurde. Die Communities der einzelnen Aibo-Webseiten solidarisierten sich mit Onlinepetitionen, Solidaritätserklärungen und emotionalen Forenbeiträgen.[21] Aus den Forenbeiträgen wird ein weiterer Aspekt von Aibopets Arbeit deutlich, den die Produzenten komplexer Produkte häufig unterschätzen; Aibopet leistet mit seiner Arbeit kompetenten und notwendigen Support, den der Hersteller des Produktes in diesem Maße nicht leisten kann. Zudem zeigt sich, dass die Erweiterung des Funktionsumfanges durch Aibopets Programme die Attraktivität von Aibos erhöht hat und zum Teil sogar zur Kaufentscheidung beitrug. Die Gemeinschaft und der Kontakt mit Gleichgesinnten sind für die Aibo-Besitzer von zentraler Bedeutung. Mit dem Kauf eines Aibos erhält man Zugang zu einer Gemeinschaft, die für den Aibo-Besitzer nicht nur wertvolle Informationen und Unterstützung bietet, sondern auch bedeutungsgenerierend ist.
Die Arbeit von Aibopet und der Aibo-Community hat wiederum direkte Auswirkungen auf die Produktion der Roboterhunde durch Sony. Laut Aibopet werden die meisten seiner Tools und Applikationen in die neueren Aibo-Modelle integriert. Die Gemeinschaft der Anwender trägt mit ihrem Diskurs über Technologie und ihrer praktischen Arbeit an der Technik durch Modifikation und Redesign zur technischen Innovation bei. Sony hat in der Auseinandersetzung mit Aibopet die Bedeutung dieser Community erkannt und unternimmt daher auch keine rechtlichen Schritte mehr, um deren Arbeit zu unterbinden. Außerdem kündigte Sony die Veröffentlichung einer offenen Entwicklungsumgebung für Aibo-Applikationen an.[22]
Der Konflikt zwischen dem ökonomisch starken Konzern Sony und der verteilten und heterogenen Gemeinschaft der Konsumenten hat gezeigt, dass diese Vielzahl von Usern durchaus in der Lage ist, Aufmerksamkeit zu wecken und den politischen Druck zu erzeugen, der notwendig ist, um sich kulturelle Freiheiten zu erhalten.[23] Das Internet ist Schauplatz und Medium der Kritik an jenen Konzernen, die die Autonomie der User einschränken oder kontrollieren möchten.[24]
Gleichzeitig erkennen Konzerne zunehmend die Bedeutung ihrer kompetenten Konsumenten als Co-Produzenten ihrer Produkte. Die User übernehmen immer mehr die klassischen Helpdesk- und Support-Aufgaben, indem sie sich gegenseitig in Foren über Funktionsweisen, technische Fehler, Verbesserungsmöglichkeiten und Alternativen informieren. Die Unternehmen können zusätzlich ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen um eine Vielzahl von Entwicklern erweitern, indem sie die Innovationskette in den Bereich der Anwender ausweiten. Die User der Produkte leisten durch ihre intrinsisch motivierte Arbeit an den Konsumgütern gleichzeitig Entwicklungs- und Forschungsarbeit für die Unternehmen.

Konsequenzen: Die erweiterte Kulturindustrie

Fan- und Amateurkulturen werden als fester Bestandteil der Massengüter-produzierenden Industrie betrachtet.[25] Bereits die Daguerrotypie führte zu einer massenhaften Medienproduktion durch Amateure. Das Jahrzehnte später erfundene Radio war bis zu seiner Institutionalisierung durch Behörden ganz in den Händen der Radioamateure.[26] Meistens waren die Produktionen von Amateuren ausschließlich für die Amateure selbst oder einen beschränkten Kreis von Gleichgesinnten bestimmt. Auch die Entwicklung industrieller Produkte durch Konsumenten und die Implementierung dieser Produkte in ihren sozialen Kontext ist fester Bestandteil der Kulturgeschichte.[27] Arnold Pacey beschreibt in Culture of Technology wie Inuit Schneemobile an die Bedürfnisse ihres Alltages anpassen, die ursprünglich für den Wintersport von Großstädtern konstruiert waren.[28] Im Bereich des so genannten Car Tunings lässt sich eine ganze Tradition der Technikmodifikation erkennen. Hier werden kulturelle Identität und die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft über die Veränderung des massengefertigten Produktes Auto konstruiert. In der Rezeption und Aneignung von Texten, die die Kulturindustrie via Massenmedien vertreibt, zeigten sich die Konsumenten ebenfalls differenzierter als es die Kulturpessimisten diagnostiziert hatten.[29] Mit Henry Jenkins Arbeiten zur Fankultur erlangen die Zuschauer den Status der „Textual Poachers“, die in den Texten der Kulturindustrie wildern, um die kulturellen Produkte aus ihrer Perspektive zu rekonstruieren. Dank der Publikationsmöglichkeiten im Internet produzieren sie damit selbst Medieninhalte, die von ihrem Publikum wiederum rekonstruiert werden können.[30] Diese Rekonstruktion findet in den Eigenproduktionen oder Kommentaren der Fans, Zuschauer oder Konsumenten ihren Ausdruck. Diese Produkte, Fanfilms, Fanfiction, Kritik und Kommentar, ergänzen das ursprüngliche Angebot der Kulturindustrie, ohne jedoch unabhängig davon bestehen zu können.[31]
Es handelt sich dabei eher um eine Bearbeitung von Produkten und nicht um eine eigenständige Produktion oder gar eine Bearbeitung der Produktionsmittel. Das Internet dient hier lediglich als Plattform zur Herstellung von Öffentlichkeit und als günstiges Medium der Publikation und Kommunikation. Gleichzeitig beeinflusst der Diskurs über Kulturprodukte und deren Bearbeitung durch Konsumenten die Produktion, indem die Produzenten Ideen, Kritik und Vorstellungen ihrer Zielgruppen aufnehmen und integrieren. Mit dem Internet und seiner globalen Vernetzung wird die Binnenkommunikationsstruktur der Fan- und Amateurkulturen aufgebrochen. Aber erst mit der Produktion und Distribution alternativer Produkte, sowie der Herstellung von Öffentlichkeit wird eine erweiterte Kulturindustrie konstruiert.
Die Erweiterung der Kulturindustrie beschreibt eine Überschneidung von Produktions- und Distributionsstrukturen, die sowohl von kommerziellen Anbietern als auch von gewöhnlichen Anwendern verwendet werden. Der Markt für Kulturprodukte erweitert sich um einen Sektor, der nicht per se monetär organisiert ist und seine Produktivkraft vor allem aus engagierten User-Communities, aber auch aus kommerziellen Unternehmen bezieht. Die Produkte dieses Sektors zirkulieren als Prozesse sowohl in den Unternehmen als auch in den Communities, innerhalb derer sie weiterentwickelt werden. Die erweiterte Kulturindustrie verwandelt Produkte in Prozesse und macht Schluss mit Produktdefinitionen. Statt dessen finden die Produktdefinitionen mit der Implementierung der Produkte in den sozialen Kontext der Konsumenten statt. In diesem permanenten Lese-und-Schreib, Design-und-Redesign Kontinuum wird die Rezeption selbst zur Modifikation.[32] Nachdem die Kritik an Kulturgütern lange Zeit professionalisierten Kritikern vorbehalten war, findet diese unmittelbar in den Gemeinschaften der Anwender statt, sowohl als verbal oder schriftlich formulierte Kritik (im Sinne einer ›Review‹), als auch durch praktische Modifikation (im Sinne von ›Redesign‹). Das Internet, dessen Maschinen als Kommunikationsmittel, als Produktionsmittel und als Repräsentationsmedium dienen, wird dabei zum Ort der kulturellen Produktion und Rezeption, zur Sphäre zirkulierender Prozesse, die beständig fort- und weiter entwickelt werden. Die Domäne der Kulturgüterproduktion wird vor allem im Bereich immaterieller Güter, wie Software und Musik, nicht mehr allein von den großen Konzernen der Kulturindustrie dominiert.[33] Diese Konzerne versuchen jedoch die neue Kulturpraxis auf die Ebene harmloser Amateurkulturen zu beschränken. Die kulturellen Handlungsweisen, die sich im Umgang mit Computertechnologie etabliert haben, fordern aber in letzter Konsequenz ihre gesellschaftliche Implementierung auf der Ebene der Legislative. Dass es sich bei der erweiterten Kulturindustrie um eine gesellschaftliche Grundsatzfrage handelt, wird in der öffentlichen Debatte und der Auseinandersetzung zwischen den beteiligten Gruppierungen deutlich.

Politische Implikationen; von der Binnenkommunikation zur gesellschaftlichen Debatte

Mit der Produktion alternativer Produkte, wie z. B. Open Source Software (wie Linux) oder offene Informationsquellen (wie Wikipedia.org) und kultureller Ressourcen als Gemeineigentum findet eine qualitative Verschiebung hin zu einer kulturellen Handlungsstrategie statt, die öffentliche Diskussion und gesellschaftliche Gestaltungskraft provoziert. Mit der Verwendung der GNU General Public License und der Creative Commons License verfügen die User-Communities sogar über juristische Alternativen zur Regelung des inzwischen restriktiv ausgelegten Copyrights. Diese Konzepte zur Regelung von Urheberrechten lassen gleichzeitig ein größtmögliches kulturelles Gemeingut zu.[34] Gleichzeitig soll die Lizenzierung von Produkten unter GPL oder Creative Commons vor dem kulturellen Raubbau der Großkonzerne schützen.
In der Kunst des Handelns formuliert Michel de Certeau Taktiken und Strategien, die es Konsumenten erlauben, autonome und „eigene Räume“ zu konstruieren.[35]
Computertechnologie ermöglicht nun die effiziente Konstruktion solcher Räume und die wirkungsvolle Anwendung von Handlungsweisen, um Autonomie und Partizipation herzustellen. Die über das Internet organisierten Gemeinschaften von Anwendern der Computertechnologie und elektronischen Konsumgütern tragen mit ihrer Arbeit nicht nur zur technologischen Weiterentwicklung bei, sondern leisten auch einen sozialen und politischen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung: In den genannten Beispielen stellen die sozialen Aspekte einer Gemeinschaft, die fast ausschließlich über Informations- und Kommunikationstechnologie konstituiert wird, eine zentrale Rolle dar. Der Anspruch, den technisch weniger versierten Usern eine möglichst weitreichende Kontrolle über die Technologie zu ermöglichen, lässt sich bei den oben genannten Beispielen nachweisen. Neben Serviceangeboten, die man vor dem Internetzeitalter mit dem Begriff der Nachbarschaftshilfe beschrieben hätte, werden hier programmatische Prinzipien entwickelt, die das grundsätzliche Verständnis von Technologie und die Partizipation der User fördern.
Durch die Überwindung der technologischen Unmündigkeit und die Kontrolle über die Distribution wird die Produktion der User-Gemeinschaften politisch wirksam. Erst dadurch wird der User zum Produzenten und sogar zum Konkurrenten der etablierten Kulturindustrie. Unabhängig von deren Produktions- und Distributionstrukturen gelingt den Usern in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die Produktion wirklicher Alternativen zu den kommerziellen Angeboten. Zusätzlich verspricht ihre Arbeit eine Stärkung der Bürgergesellschaft und ihrer demokratischen Werte, indem sie Konsumenten in den Produktionsprozess integrieren, das technologische Kapital ihrer Teilnehmer erhöhen und das kulturelle Gemeingut vergrößern. Damit setzen sie sich explizit ab von den monopolistischen Konzernen, die undemokratisch und rücksichtslos ihre Interessen durchzusetzen versuchen. Lange verhinderte die EU-Kommission die demokratische Entscheidungsfindung bezüglich Urheberrecht und Softwarepatenten, indem gegen den Widerstand zahlreicher EU-Parlamentarier und Interessensvertreter der Open Source Bewegung eine Diskussion der diesbezüglichen Direktive unterbunden wurde.
Walter Benjamins Aufsatz Der Autor als Produzent erhält in diesem Konflikt eine neue Aktualität.[36]  Benjamin erkennt die Ambivalenz der Technologie und fordert diese durch die Tendenz des Autors zu kontrollieren. Autoren und Produzenten sind aufgefordert in ihrer Arbeit die Technik und die Produktionsverhältnisse zu reflektieren und den Produktionsapparat hinsichtlich einer gesellschaftlichen Partizipation zu verändern. Entsprechend der Forderung Benjamins stellt die erweiterte Kulturindustrie nicht allein eine Arbeit an den Produkten dar (wie es Fans und Amateure bislang taten), sondern eine Arbeit an den Mitteln der Produktion, wie sie z. B. von den Programmierern der Open Source Software geleistet wird.[37] Dies macht die User-Gemeinschaften zu Mitbewerbern der Software- und Contentindustrien. Die Tendenz des Autors als Produzent entscheidet sich im Zeitalter der digitalen Reproduzierbarkeit, an der Frage offener Quelltexte (Open Source), freier Distribution, offener Standards und dem freien Zugang zu Information und Technologie.
Innerhalb der User-Gemeinschaften wird technologisches Wissen generiert und verteilt. Die Partizipation in einer solchen Gemeinschaft erhöht das kulturelle und soziale Kapital seiner Teilnehmer und entspricht damit Benjamins Erwartung, dass „mehr Konsumenten der Produktion zu[ge]führt“ und „aus Lesern oder Zuschauern Mitwirkende“ gemacht werden.[38] Benjamins Forderung nach der Partizipation der Konsumenten wird von Neil Selwyn als »Meaningful Use« konzeptioniert.[39] Im Gegensatz zum gewöhnlichen Konsum oder Gebrauch, dem „Use“, ist „Meaningful Use“ eine ideologisch determinierte Handlungsweise, die der Überbrückung des »Digital Divide« und der Konstruktion kultureller Autonomie und politischer Partizipation dient.[40] Bezugnehmend auf Bourdieu formuliert Selwyn ein Konzept des technologischen Kapitals für den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologie. Er unterscheidet dabei zwischen der reinen Benutzung der Technologie und dem Meaningful Use. Darunter versteht Selwyn eine Form des Engagements, „where the user exerts a degree of control and choice over the technology and its content thus leading to a meaning, significance and utility for the individual concerned“.[41]
Dieser Meaningful Use erhält in Verbindung mit Benjamins Tendenz des Produzenten eine aufklärerische, politische Wirkung. Den User-Communities ist es also gelungen, jenseits aller spielerischen Aspekte ihrer Tätigkeit ein Niveau technischer und sozialer Kompetenz zu erlangen, das ausschlaggebend ist für eine gesellschaftliche Partizipation in Form von Produktion, politischer Aktivität, Konsum und Kritik. Der Meaningful Use oder auch die kulturelle Handlungsweise, die sich innerhalb der User-Communities etabliert hat, führt zu grundsätzlichen Auseinandersetzungen über kulturelle Werte und Normen. Diese Konflikte werden momentan vor allem im Bereich des Copyright und der Softwarepatente ausgetragen.
Die Computertechnologie stellt die Kulturindustrien vor die große Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle in Einklang mit den technischen Voraussetzungen der erweiterten Kulturindustrie zu bringen. Die Praxis der digitalen Kultur kollidiert mit Geschäftsmodellen, die dem industriellen Zeitalter angehören und die aufgrund der ubiquitären technologischen Verfügbarkeit ausgehebelt werden können. Die daraus entstehenden Konflikte führen zu Kollisionen zwischen Computeranwendern und den Konzernen, die die Märkte für Medien und Software kontrollieren.[42]  Diese Auseinandersetzung wird auf der Ebene der Technikproduktion, der Gesetzgebung und dem Diskurs über Technologie geführt. Auf der technischen Ebene setzen sich die Gemeinschaften der Open Source Software Entwicklung für Interoperabilität zwischen Systemen und Programmen ein und versuchen diese herzustellen, während große Konzerne sich darum bemühen, geschlossene Systeme und Standards zu schaffen. Auf der Ebene der Legislative konnten die großen Unternehmen vor allem in den USA rasch Erfolge erzielen und sowohl das Copyright ausdehnen, als auch Freiheiten der Anwender massiv einschränken und den Markt zu ihren Gunsten regulieren. Während die User-Communities wie oben beschrieben ihren Teil dazu beitragen, indem sie Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen herstellen, transparente und kollektive Arbeitsprozesse entwickeln und nutzen und für einen hohen Grad an Informationsfreiheit sorgen, setzen die um ihre Kontrolle fürchtenden Unternehmen alles daran, diese technologische und gesellschaftliche Entwicklung zu verlangsamen.
Die Einführung vom Digital Right Management (DRM), oder dem Digital Restriction Management wie es Kritiker bezeichnen, richtet sich gegen das Verschwinden des Originals im digitalen Zeitalter.[43] Letztendlich soll jede digitale Reproduktion durch ein Wasserzeichen individuell identifizierbar und ihre Distribution nachvollziehbar und kontrollierbar werden. DRM wird kritisiert, weil diese Systeme weit über den eigentlichen Schutz des geistigen Eigentums hinausreichen und die Rechte der Konsumenten einschränken. Außerdem sind DRM Systeme technisch unzureichend (da jede Software veränderbar ist) und bieten ohne begleitende legislative Maßnahmen nicht die erwartete Kontrolle der digitalen Produkte.[44] Hier setzen die Konzerne auf das Trusted Computing (TC), das erstens sichere, verschlüsselte Verbindungen zwischen Konsument und Produzent und zweitens eindeutig identifizierbare Konsumenten garantieren soll. Mit Softwarepatenten kann die alternative Entwicklung von Software behindert werden.[45]
Der Vorschlag zur Patentierung von computerimplementierten Erfindungen macht es möglich, logische Elemente von Software, wie das Starten einer Applikation durch Doppelklick (Patenthalter Microsoft), das One-Click-Shopping (Patenthalter Amazon.com) und zahlreiche andere als Patent zu schützen. Die Folgen für die Software-Programmierung sind vergleichbar mit den Folgen für die Sprache, wenn beispielsweise der Relativsatz patentierbar wäre oder mit den Folgen für die Musik, wenn Joseph Haydn die Form der klassischen Sinfonie patentiert hätte.[46]
Auch wenn aus Platzmangel hier keine ausführliche Beschreibung von DRM, TC und Softwarepatenten möglich ist, so sollte doch erkennbar sein, dass es sich dabei um Instrumente handelt, die eine Realisierung der Kulturindustrie, wie sie Adorno und Horkheimer verstanden haben, fördern können. Der Anwender wird dabei wieder zum Konsumenten, während der Produzent monodirektional immaterielle Produkte vertreibt, deren Reproduktion kaum Kosten verursacht, die aber aufgrund der durch DRM und TC kontrollierten Distribution und unterbundenen Modifikation, hohe Margen abwerfen sollen. Selwyns Konzept eines Meaningful Use, das dem Verbraucher mehr als nur die bloße Verwendung des Computers zum Konsum monodirektional vertriebener Inhalte zugesteht, hat keinen Platz in der Welt, die Microsoft, Disney, Universal etc. mit ihren politischen Forderungen gestalten.
Dieser Konflikt ist eine Auseinandersetzung um kulturelle Grundsatzfragen zwischen denjenigen, die die kulturelle Praxis der Computertechnologie als Meaningful Use betreiben und jenen, die Computertechnologie als billige Reproduktionstechnologie und als effizienten, kostengünstigen und maximal kontrollierbaren Distributionsweg sehen. Um mit de Certeau zu sprechen handelt es sich „um Kämpfe [...] zwischen dem Starken und dem Schwachen und um ‚Aktionen’, die dem Schwachen noch möglich sind“.[47] Da eine legitimierte erweiterte Kulturproduktion zu Kontrollverlusten der großen Softwarekonzerne führt, versuchen die „Starken“ durch die Einführung restriktiver Urheberrechts- und Patentgesetze den Markt zu ihren Gunsten zu regulieren und Alternativen zu kriminalisieren.
In dieser Auseinandersetzung stellen die User-Gruppen die Öffentlichkeit für eine gesellschaftsweite Debatte um die kulturellen Werte und Normen des digitalen Zeitalters her.[48]
Durch die Herstellung von Aufmerksamkeit für das Thema, konnte die Debatte der Binnenkommunikation von EU-Parlamentariern und Lobbyisten entrissen werden. Auch außerhalb der User-Communities stieß das Thema auf Interesse und wird in zunehmendem Maße als gesellschaftlich relevantes Problem erkannt, das grundsätzliche kulturelle Fragen betrifft.[49] Inzwischen entdecken auch politische Parteien in Open Source Software ihre traditionellen Wertvorstellungen von Transparenz und Demokratie. Die Münchner SPD Abgeordnete Monica Lochner-Fischer warb 2003 mit der Kampagne „Mehr Linux, mehr Freiheit“ für einen Wechsel von Windows nach Linux auf den städtischen Computersystemen. Die Forderungen der Communities nach technologischen Leitmotiven, die offene Standards, kollektive Produktionsprozesse und Open Source Software fördern, könnte die kulturelle Praxis auch auf der Ebene der Legislative etablieren. Im September 2003 erklärte die UNO auf dem World Summit of the Information Society Open Source Software zum schützenswerten Gut.
Im März 2005 akzeptierte der Ministerrat der Europäischen Kommission die restriktive und marktregulierende Richtlinie zu Copyright und Softwarepatenten. Sie setzten sich damit gegen die Forderungen einiger Nationalparlamente und des Europäischen Parlamentes durch und verweigerten eine erneute Diskussion der Richtlinie. Damit hat die Kommission den demokratischen Entscheidungsprozess ignoriert und offensichtlich im Interesse der Softwarepatente-Lobby entschieden. Dieser Beschluß wurde jedoch im Juli 2005 vom europäischen Parlament mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Regelung von Sopftwarepatenten wird daher neu diskutiert werden. Es sollte deutlich sein, dass auch die Lobbyarbeit der monopolistischen Konzerne kulturkonstituierend sein kann. Die Zukunft der kulturellen Praxis der erweiterten Kulturindustrie ist also nach wie vor offen.
Die Anwendungspraxis von Technologie muss daher auf ihre gesellschaftlichen Implikationen und ihr gestalterisches Potential hin untersucht werden. Es wurde gezeigt, dass die Verbreitung von Computertechnologie hier zu speziellen kulturellen Handlungsweisen führte, die massiven Einfluss auf die Kulturindustrie im digitalen Zeitalter haben. Die Produktivkraft der User-Communities konstruiert eine erweiterte Kulturindustrie, deren gesellschaftsgestalterisches Potential große Hoffnungen hinsichtlich einer offenen Informationsgesellschaft und einer kulturellen Allmende provoziert. Ihre Handlungsweisen zeugen von den positiven Effekten des Meaningful Use in ökonomischer wie gesellschaftspolitischer Hinsicht. Eine gesellschaftsweite Debatte ist notwendig, um das Potential der erweiterten Kulturindustrie nicht leichtfertig aufzugeben, sondern stattdessen gesellschaftlich zu legitimieren. Dabei können die Kulturwissenschaften an der Definition kultureller Handlungsweisen mitwirken, um aus dieser Perpektive eine Technikfolgenabschätzung zu leisten. Die gesellschaftliche Partizipation an der technologischen Entwicklung ist genauso zu diskutieren, wie eine politische Entscheidung für neue technische Leitmotive wie Open Source, offene Standards und das Gemeineigentum kultureller Ressourcen.

Anmerkungen

[1] Mehr Informationen über die Demoszene finden sich bei Tasajärvi; Lassi (Hrsg.): Demoscene. The Art of the Realtime, Helsinki: Even Lake Studios, 2004, der ersten Publikation über die Demoszene und bei Digitalcraft.org, die eine Ausstellung zu Geschichte und Status Quo der Demoszene in Frankfurt.
[2] Manuel Castells sieht die Kultur der ‘Internet Generation’ geprägt von den Ingenieurskulturen aus den Universitäten der 60er und 70er Jahre und den Anwenderkulturen aus den späten 70ern und frühen 80er Jahren, sowie den Unternehmerkulturen der Informationsökonomie. Vgl. Castells, Manuel: The Internet Galaxy, Cambridge, MA: MIT Press, 2002.
[3] Inzwischen haben sich im Internet Plattformen etabliert, die ihren Anwendern die notwendige Infrastruktur zur kollektiven Produktion von Software zur Verfügung stellen. Eine solche Plattform ist beispielsweise Sourceforge.org, die mit über 81.000 Projekten und mehr als 850.000 registrierten Usern die größte Plattform zur Entwicklung von Open Source Software darstellt: Sourceforge: www.sourceforge.org (15.02.2005).
[4] Grundsätzlich kann jedes elektronische Konsumgut modifiziert werden. Diese Arbeit muß nicht von Anwendern geleistet werden. Sie kann auch durch Unternehmen erbracht werden, die mit der Modifikation eines bereits vorhandenen Produktes eine andere Unique Selling Proposition (USP) nutzen wollen. So bietet das taiwanesische Unternehmen Friend Tech eine Version von Microsofts Xbox an, die eine höhere Rechenleistung, sowie zahlreiche Funktionen hat, die das Original nicht besitzt. Für gewöhnlich versuchen die großen Unternehmen wie Sony, Microsoft, Nintendo etc. die kommerzielle Entwicklung von Modifikationen zu verhindern. Im Falle der Friend Tech Modifikation sind weder Garantieansprüche an Microsoft, noch die Nutzung des Microsoft Services Xbox Live möglich. Siehe www.friend-tech.com (15.02.2005).
[5] Ein m.E. schwieriger Begriff, da jede Kulturleistung Ergebnis kollektiver Prozesse ist. Siehe:
Lévy, Pierre: Collective Intelligence. Mankind’s Emerging World in Cyberspace, Cambridge, MA: Perseus, 1997.
[6] Ebd. S. 121.
[7] Die Internetseite des Xbox Linux Project: www.x-box-linux.org (27.06.2005)
[8] Für jene, die sich die Modifikation technisch nicht zutrauen, steht eine Liste mit Adressen von versierten Usern zur Verfügung, die unentgeltlich helfen, die Migration nach Linux vorzunehmen. Das sogenannte Xbox Chocolate Project findet sich unter: www.xbox-linux.org/users_help_users (15.02.2005).
[9] Auch in anderen Softwareprojekten finden sich Beispiele für den Anspruch auf kulturelle Autonomie. Das Open Source Mailprogramm Thunderbird von Mozilla wird von der Community mit dem Slogan „Reclaim your Inbox“ und der Internet Browser Firefox mit „Rediscover the Web“ beworben.
[10] Hervorhebung im Original: siehe www.xbox-linux.org/screenshots (15.02.2005).
[11] Röttgers, Janko: „Hack the Dog”, in Telepolis, 18.12.2001, online: www.telepolis.de/tp/deutsch/inhalt/co/11369/1.html (23.6.2003); Der Begriff Upskirt Fotografie, bezeichnet den voyeuristischen Blick unter den Frauenrock.
[12] Der US-amerikanische Gesetzgeber passt mit dem Digital Millennium Copyright Act das Urheberrecht an das digitale Zeitalter an. Kritiker betonen jedoch, dass der Gesetzestext nicht den technischen Gegebenheiten entspricht, zudem eine Gefahr für die freie Meinungsäußerung darstellt und die kulturelle Freiheit missachtet. Die Free Software Foundation (www.fsf.org, 15.02.2005) gehört zu den schärfsten Kritikern des DMCA.
[13] Der chronologische Ablauf der Auseinandersetzung zwischen Sony und Aibopet ist auf der Website Aibohack.com dokumentiert: www.aibohack.com/legal (19.09.2003).
[14] Sonys Schreiben an Aibopet findet sich hier: http://www.aibohack.com/legal/letter2.htm (19.09.2003).
[15] Wilson, Dave; Pham, Alex: „Sony Dogs Aibo Enthusiast’s site”, LA Times, 1. November 2001, online: http://www.latimes.com/business/la-000086726nov01.story?coll=la%2Dheadlines%2Dbusiness (19.09.2003).
[16] Harmon, Amy: „Sony tightens leash on its robotic dog”, in The New York Times, 5.12.2001, online: http://www.nytimes.com/2001/11/05/technology/05AIBO.html (19.09.2003).
[17] Wearden, Greame: „Robotics enthusiast forced to pull Aibo-altering code”, ZDNet UK, 1.11.2001, online: http://news.zdnet.co.uk/software/0,39020381,2098461,00.htm (19.09.2003).
[18] Röttgers, Janko: „Hack the Dog”, in Telepolis, 18.12.2001, online: www.telepolis.de/tp/deutsch/inhalt/co/11369/1.html (6.23.2003).
[19] Heise News: „Aibo Hacker gibt auf“, Heise online, 29.10.2001, online: http://www.heise.de/newsticker/data/wst-29.10.01-003/ (27.8.2003).
[20] Manjoo, Farhad: „Aibo Owners Biting Mad at Sony”, Wired News, 2.11.2001, online: www.wired.com/news/business/0,1367,48088,00.html (27.8.2003).
[21] Exemplarisch sei hier der Open Letter to Sony von Aibo-Life.org genannt:
http://www.aibo-life.org/forums/cgi-bin/ultimatebb.cgi?ubb=get_topic&f=1&t=000390#000000 (26.02.05).
[22] OpenR und Aibo SDE sind das Standard-Interface und die Entwicklungsumgebung zur Entwicklung von Applikationen für den Sony Aibo. Auch wenn der Name OpenR eine gewisse Offenheit vorgibt, wird das Tool dennoch von der Aibo-Community als nicht vollständig offene Technologie kritisiert.
[23] Zu Aufmerksamkeit als zentrale Währung der Informationsgesellschaft siehe: Franck, Georg: Die Ökonomie der Aufmerksamkeit, München, Wien: Hanser, 1998.
[24] Um dies zu verhindern verbietet der Softwarekonzern Microsoft im End User License Agreement (EULA) zu seiner Software Front Page, die Erstellung Microsoft-kritischer Webseiten oder die Erstellung von Links zu solchen Seiten.
[25] Ende des 19. Jahrhunderts wird die kulturelle und ökonomische Bedeutung von Amateuren durch Alfred Lichtwark, Direktor der Hamburger Kunsthalle, thematisiert. 1893 wurden zwei Ausstellungen zu Amateurfotografie und zu Erzeugnissen des Dilettantismus realisiert. Siehe Kuball, Michael: Familienkino. Geschichte des Amateurfilms in Deutschland, Hamburg: Rowohlt, 1980, S. 15 und S. 190.
[26] Siehe: Daniels, Dieter: Kunst als Sendung. Von der Telegrafie zum Internet, München: C.H. Beck, 2002. Zu Amateuren siehe hier v.a.: S. 135 ff und Kapitel 8, Amateure und Flaneure, S. 185-218.
[27] Siehe hierzu Bijker, Wiebe E. Et al. (Hrsg.): The Social Construction of Technological Systems, Cambridge, MA: MIT Press, 1987 und Bijker, Wiebe E.: Of Bicycles, Bakelites and Bulbs. Toward a Theory of Sociotechnical Change. Cambridge, MA: MIT Press, 1995.
[28] Pacey, Arnold: Culture of Technology, Cambridge, MA: MIT Press, 1983, S. 5.
[29] Die kulturpessimistischen Thesen von Adorno & Horkheimer wurden unter anderem relativiert von Hall, Stuart: „Encoding/Decoding“, in Hall, S. et al. (Hrsg.): Culture, Media, Language, London: Hutchinson, 1980, S. 128-137; Baudrillard, Jean: „Requiem für die Medien“, in Ders.: Kool Killer oder der Aufstand der Zeichen, Berlin: Merve, 1978, S. 83-118; Hebdige, Dick: Subculture. The Meaning of Style, London: Methuen, 1978; Fiske, John: Television Culture, London: Methuen, 1982.
[30] Jenkins, Henry: Textual Poachers: Television Fans and Participatory Culture, New York: Routeledge, 1992, ders.: „Interactive Audiences? The ‘Collective Intelligence’ of Media Fans”, in: Harries, Dan (Hrsg.): The New Media Book, London: BFI, 2002, S. 157-170; Raessens, Joost: „Computer Games as Participatory Culture“, in Goldstein, Jeffrey; Raessens, Joost: Handbook of Computer Game Studies, Cambridge, MA: MIT Press, 2005, S. 373-388.
[31] Ein Beispiel für Produktion der Fankultur: Star Wars Fan Films: www.theforce.net (15.02.2005).
[32] siehe Lévy, Pierre: Collective Intelligence, S. 121 f.
[33] Schäfer, Mirko Tobias: „Homework. The Extension of the Cultural Industry”, in Cox, Geoff et al. (Hrsg.): Economising Culture. On the (digital) Culture Industry, S. 191-199.
Als Beispiel für alternative Software Produktion siehe: Die Open Source CD, http://www.opensource-cd.de/ oder den erfolgreichen Internetbrowser Firefox von Mozilla, www.mozilla.org; und als Beispiel der alternativen Musikproduktion, den Netlabel Catalogue: www.netlabels.org (15.02.2005).
[34] Eine gute Übersicht über die Alternativkonzepte zum Copyright bietet: Liang, Lawrence: Guide to Open Content Licenses, Rotterdam: Piet Zwart Institute, 2004; online:
http://pzwart.wdka.hro.nl/mdr/research/lliang/open_content_guide (15.02.2005)
[35] Certeau, Michel de: Die Kunst des Handelns, Berlin: Merve, 1988, S. 87f.
[36] Benjamin, Walter: „Der Autor als Produzent“, in Ders.: Medienästhetische Schriften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2002, S. 231-247
[37] Ebd. S. 242.
[38] Ebd. S. 243.
[39] Selwyn, Neil: Defining the ‘Digital Divide’: Developing a Theoretical Understanding of Inequalities in the Information Age, Cardiff, 2002, URL: http://www.cf.ac.uk/socsi/ict/definingdigitaldivide.pdf (15.02.2005).
[40] Ebd. S. 12.
[41] Ebd. S. 10; Selwyns Unterscheidung zwischen „Use“ and „Meaningful Use“ ist wichtig, da die Diskussion um den Digital Divide dadurch besser differenziert wird. Für Selwyn ist der Zugang zu Technologie keine hinreichende Bedingung zur Überbrückung des Digital Divide. Statt dessen erkennt er im „Meaningful Use“ die politischen und ökonomischen Partizipationpotentiale des Users.
[42] Für Softwarepatente machen sich neben Softwareunternehmen wie Microsoft vor allem Unternehmen wie Daimler-Chrysler, Nokia, Philips und vor allem Unternehmen aus der Fahrzeugindustrie und deren Zulieferunternehmen stark. Für restriktive Copyrights setzen sich vor allem Disney, Bertelsmann, Universal, Sony und Time Warner ein. Medienkonzerne versuchen sogar die intertextuelle Persiflage ihrer Produkte zu unterbinden. Die großen Medienunternehmen entziehen ihre Inhalte dem kulturellen Reservoir und versuchen jegliche Rekonstruktion durch Künstler, Rezipienten oder auch Wissenschaftler zu verhindern. Zur Kritik daran siehe Lessig, Lawrence: The Future of Ideas. The Fate of the Commons in a Connected World, New York: Vintage, 2001.
[43] Digital Right Management beschreibt Regelungen und Systeme, die von Urheberrechtseigentümern zur Kontrolle der Distribution ihrer digitalen Produkte verwendet werden. DRM Systeme sind zum Beispiel digitale Wasserzeichen, oder die Produktaktivierung durch Eingeben eines individuell zugewiesenen Codes, sowie Verschlüsselungs- und Kopierschutzmaßnahmen.
[44] Siehe hier: Bechtold, Stefan: „The Present and Future of Digital Rights Management”, in: Eberhard Becker, Willms Buhse, Dirk Günnewig, Niels Rump (Hrsg.), Digital Rights Management – Technological, Economic, Legal and Political Aspects, Berlin: Springer, 2003, S. 597-654, Online: http://www.jura.uni-tuebingen.de/bechtold/pub/2003/Future_DRM.pdf (15.02.2005).
[45]  Aus einem internen Memo der Firma Hewlett-Packard geht hervor, dass Softwarepatente durch Microsoft als strategisches Mittel im Kampf gegen die Open Source Software verwendet werden sollen: Joe Barr: „HP memo forcasts MS patent attack on free software”, in NewsForge 19.6.2004;
Online: http://www.newsforge.com/article.pl?sid=04/07/19/2315200 (15.02.2005).
Es ist wichtig zu betonen, dass es in dem Streit um Softwarepatente nicht um den eventuellen Schutz von Erfindern geht, sondern ausschließlich um das Interesse einiger (hauptsächlich amerikanischer) Großkonzerne den Markt für Software zu kontrollieren. Die Gefahren für die mittelständische, europäische IT Industrie und Software-Entwicklung werden auf der Website Wir wollen keine Softwarepatente erklärt: http://www.nosoftwarepatents.com/de/m/dangers/index.html (17.05.2005).
[46]  Softwarepatente dürfen nicht mit Urheberrecht verwechselt werden. Das Urheberrecht schützt ein einzelnes Werk, während das Softwarepatent eine logische und allgemeine Struktur der Werkschöpfung der kulturellen Ressource entziehen kann.
[47] Certeau, Michel de: Die Kunst des Handelns, S. 84.
[48] Z.B. No Softwarepatents.com: www.nosoftwarepatents.com oder die Foundation for a Free Information Infrastructure (FFII): http://www.ffii.org/ (15.02.2005).
[49] Die Artikelserie in der Wochenzeitung Die Zeit zu Copyrights und Softwarepatenten möge hier exemplarisch dafür stehen, dass diese Debatte nicht allein innerhalb der Binnenkommunikation von Technikinteressierten zirkuliert: Krempl, Stefan: „Vorsicht digitale Sperrzonen“, in Die Zeit, 29/2004, Online Artikel: http://www.zeit.de/2004/29/Patente; sowie: Ders.: „Ein Jobkiller“; Interview mit dem Präsidenten der Free Software Foundation Europe, in Die Zeit, 29/2004, Online Artikel: http://www.zeit.de/2004/29/Patente und Drösser, Christoph: „Freies Denken. Darf Software patentiert werden?“, in Die Zeit, 36/2003, Online Artikel: http://www.zeit.de/2003/36/Glosse_2_2f36 (15.02.2005).

Date February 2006 Category Publications

Spielen jenseits der Gebrauchsanweisung. Partizipation als Output des Konsums softwarebasierter Produkte; in Neitzel, Britta; Rolf, Nohr (eds): Das Spiel mit dem Medium. Partizipation - Immersion - Interaktion, Marburg: Schüren, 2006, pp. 296-310.

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