Mirko Tobias Schäfer / Assistant Professor
University of Utrecht Department for Media and Culture Studies
Sozialabbau und Demontage des Rechtsstaates scheinen für den Autor fatalistisch gegeben zu sein. Und nachdem es unserer Generation eben nicht gelungen ist die politischen Verhältnisse zu ändern, zieht man sich in bewährter Biedermeier-Tradition in die heimeligen Wohnzimmerlokale der Großstadt zurück. Vielleicht schreit man manchmal aus Spaß zusammen mit den „netten Kerlen von Attac“ gegen Konzerne und Globalisierung an, aber ansonsten gilt, „daß es für unsere Generation keinen Sinn mehr ergibt, gegen das System zu revolutieren.“
Der rechtsaußen Innenminister der schwarz-blauen Regierung agiert außerhalb des Verfassungsbogens, eine zur Wissenschaftsministerin gekürte Handarbeitslehrerin katapultiert Bildung und Wissenschaft ins Zeitalter der Agrarwirtschaft zurück und der Finanzminister korrumpiert das System, aber es gibt offensichtlich keinen Grund dagegen zu revoltieren. Nicht einmal die Spur einer Kritik kommt auf, statt dessen wird die Unsicherheit zum Schicksalsschlag erklärt, der zumindest den Vorteil der lebenswerten Inszenierung bietet.
Huber hat nichts gegen Nike oder Microsoft und die Kinder in Indien tun ihm „irgendwie leid“. Das irgendwie-leid-tun ersetzt denn auch eine notwendige sozial-marktwirtschaftliche Kritik an den Produktionsverhältnissen in der dritten Welt, die von Nike, Starbucks, H&M etc. diktiert werden. Jemand der sein Powerbook als Lifestylegadget verwendet, wird auch nicht auf die Idee kommen die Marktregulierung monopolistischer Konzerne (Microsoft) zu kritisieren oder sich Gedanken zu Softwarepatenten zu machen. Denn da ist ja der Augenblick, der genossen werden will, und die Bequemlichkeit, die es auszukosten gilt, solange es halt noch geht, denn wer weiß was morgen sein wird.
Aber soviel scheint jedenfalls sicher; das unpolitische und unkritische Lebensgefühl des Biedermeier feiert eine stylishe Renaissance.
Date December 2004 Category News
das Biedermeier ist zurück.
Im neuen Lifestylemagazin Fleisch werden alte, heimelige Werte neu gefeiert. Auf der Strecke bleiben politische Kritik und gesellschaftliches Engagement. In dem Artikel "So viel ist unsicher" will Chefredakteur Markus Huber das Bild der „Generation Golf“ zur „Generation Unsicherheit“ korrigieren.
Der nicht vorhandene Bausparvertrag, das unmöglich gewordene „Vollkaskoleben“ der Elterngeneration und die Unwahrscheinlichkeit der sicheren Pension führen laut Huber zu Unplanbarkeit und Unvorhersehbarkeit. Da muß jeder Moment genossen werden, denn wer weiß wie lange das noch geht. Der Lifestyle der „Generation Unsicherheit“, oszilliert zwischen 60er Jahre Möbeln, Schinken-Käse Toast, Apple Powerbook, der Melange aus Designermode und H&M und dem Leben für den Augenblick. ->